Wie alles begann…
Ich sitze gerade an einem dunklen Schreibtisch, eine kleine Lampe mit blauem Schirm links von mir und draußen beginnt es zu dämmern. Hier bin ich in North Carolina, auf eine Woche Ferien und dann geht es wieder auf die Highschool in South Carolina. Doch wie kam ich überhaupt hierher und wie hat alles angefangen? Ich hole mal weit aus und beginne von vorne.
Angefangen hat es damit, dass ein Mädchen und ihre Mutter uns besucht haben, um für eine Nacht zu bleiben. Anschließend wollten sie weiterreisen durch Deutschland.
Warum genau sie hergekommen waren, wusste ich nicht und es interessierte mich nicht. Mich interessierte eher das Mädchen. Ich unterhielt mich mit ihr und es stellte sich heraus, dass sie aus den USA kam. Wir tauschten unsere Adressen aus und ein paar Monate später, schrieb ich ihr den ersten Brief. Und sie antwortete. Das ganze ging so lange bis sie mir ihre Email-Adresse gab (da sie nun endlich eine hatte) und so schrieben wir einander über Gmail.
Wir wechselten zu Snapchat und begannen Video-Anrufe zu führen bis sie schließlich eine Telefonnummer bekam und Whatsapp installierte.
In den USA ist Snapchat die gebräuchlichste App und Whatsapp eher etwas für alte Leute. Mir persönlich ist Whatsapp am liebsten.
Schließlich teilte sie mir mit, dass sie wieder nach Deutschland kommen würde als Austauschschülerin. Ich meldete mich und sie blieb für zwei Monate bei uns.
An ihrem letzten Tag kam ihre Mutter aus den USA und lud mich ein sie zu besuchen.
Sechs Monate nachdem ich überlegt, recherchiert und telefoniert hatte, buchte ich dann endlich meine Flugtickets und wollte am 08.09. fliegen, doch überraschenderweise wurde der Flug annuliert.
Dennoch fuhren meine Mutter und ich zum Flughafen und buchten dort einen neuen Flug. Für diesen Flug müsste ich um 3 Uhr aufstehen, da er um 6 Uhr 15 ginge.
Doch überraschenderweise wurde dieser Flug verschoben und so stand ich erst um 8 Uhr am Flughafen. Dort checkten meine Mutter und ich ein und ich ging zum Security-Check.
Im Irrglauben mein Flug würde in zehn Minuten gehen (ich hatte wohl meine Boardkarte falsch gelesen), drängelte ich mich so weit es ging nach vorne und passierte ohne Probleme und überraschend schnell den Security-Check.
Alle Flüssigkeiten hatte ich in durchsichtige Plastikbeutel verstaut, alle Dinge aus den Taschen geholt und jegliche Elektronik in die Boxen gelegt.
Nach der Sicherheitskontrolle folgte ich ganz einfach den Schildern und glaubt mir, wenn ihr euch vorher Sorgen macht, alleine nicht klarzukommen oder euch gar zu verlaufen: Es gibt überall Personal und Schilder mit riesiger Schrift. Nur ein Blinder oder ein Analphabet könnte sich verlaufen. Und nichtmal ein Analphabet, denn zu der Schrift gibt es auch Piktogramme, die ganz eindeutig sind.
Und ich folgte diesen Piktogrammen. Verlaufen war also nicht das Problem, aber die Schnelligkeit. Denn die Gates sind ziemlich weit von den Läden und erst Recht den Security-Checks entfernt. Daher sollte man sich beeilen.
Ich lief zu einem Gate, hatte aber nicht richtig gelesen und war so am falschen Gate angelangt, doch die freundliche Kontrolleurin nannte mir die richtige Nummer und ich landete im richtigen Flieger. Nach einem 1 1/2 stündigen Flug an dessen Ende ich mich einmal fast übergeben hätte, landete ich in Paris, folgte den Schildern, ging durch die Passkontrolle, setzte mich in den kostenlosen Bus, der zum nächsten Terminal fuhr und kaufte mir dort ein Sandwich und eine Wasserflasche. Die Zeit hatte ich nicht ganz genau im Blick und landete obendrein wieder beim falschen Terminal, wo mich der Kontrolleur (oder was auch immer) auf unangenehme Art und Weise fragte, wie viel Uhr es sei, mit welcher Fluggesellschaft ich flöge, zu welchem Gate ich müsse. Ich reichte ihm meinen Pass und mein Ticket und daraufhin stellte er mir diese Fragen. Immer noch außer Atem vom Rennen, wurde ich nervös, und versuchte hastig auf Englisch halbwegs vernünftig auf die Fragen zu antworten.
Innerlich war ich ganz schön verwundert, warum der Mann mir nicht einfach sagte, dass ich am falschen Gate gelandet war, statt wie ein Roboter zu fragen, wie viel Uhr es sei und mit welcher Airline ich fliegen würde.
In der Annahme der zweite Flug würde mit der vorherigen Fluggesellschaft fliegen, mit der ich nach Paris gekommen war, antwortete ich „Airfrance“, worauf er die Stirn runzelte und mir erneut die Fragen stellte. Langsam wurde ich ärgerlich und in mir brach die Panik aus.
So kam ich doch nicht weiter. Schließlich schaltete sich ein junger Mann ein, dem wohl aufgefallen war, dass ich in einem kleinen Schlamassel stecke und er nannte mir die Uhrzeit.
Daraufhin sagte der Kontrolleur, ich flöge mit Delta und obendrein hätte ich den Flug verpasst.
Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht! Den Flug verpasst! Das durfte doch nicht wahr sein! Was konnte ich denn jetzt machen? Bedeutete das, dass ich hier in Paris festsaß.
Der Kontrolleur drückte mir Karte und Pass in die Hand und nannte mir endlich das richtige Gate. Tatsächlich war es auf der Boardkarte falsch aufgeschrieben.
Ich rannte, innerlich zu Gott flehend, zum Gate und bemühte mich, mich zu beruhigen.
Dort angekommen fragte mich die Kontrolleurin, wie lange ich in den USA bleiben wolle, ob ich ein ESTA hätte und einen Beweis, dafür, dass ich auch an dem genannten Datum wieder abreisen würde. Ich zeigte ihr meinen Pass, den sie einscannte und meine Rückflugtickets.
Sie reichte mir meinen Papierkram und meinte: „Sie sind die letzte.“
Unglaublich erleichtert hastete ich an den Leuten vorbei, den Gang runter zum Flugzeug und erreichte es durch diesen Tunnel mit ein paar anderen Fluggästen.
Nach einem achtstündigen Flug bei dem ich mich fast nur auf der Toilette übergab und zaghaft Wasser trank, in meinem Sitz hing und mich bemühte einzuschlafen, landete das Flugzeug schließlich in Atlanta.
Dort ging ich erstmal auf Toilette und übergab mich. Dann wusch ich mir das Gesicht und bemühte mich, mich an der Warteschlange bei der Grenzkontrolle anzustellen.
Einmal musste ich abbrechen und übergab mich fast auf den Teppich, rannte auf Klo, übergab mich dort und betete zitternd, dass Jesus mich heilen würde.
So stellte ich mich noch einmal an und diesmal ging es besser. Ich schaffte es auf den Beinen zu bleiben, meinen Mageninhalt drinnen zu behalten und erreichte schließlich die Grenzkontrolle.
Der Grenzbeamte wollte nur meinen Reisepass haben, den er einscannte, dann musste ich jeweils den rechten und linken Zeigefinger und Daumen einscannen lassen.
Schließlich stellte er mir noch diese Fragen:
„How long do you intend to stay in the United States?“
„For 89 Days, sir.“
„What is the purpose of your visit?“
„I will visit my friend (Name und Nachname) and stay with her family, sir.“
„How did you meet your friend?“
„She visited me in Germany, sir.“
„Do you have anything edible in your backpack?“
„A sandwich, sir.“
„What is on your sandwich?“
Da mir in diesem Moment das Wort Thunfisch nicht auf Englisch einfiel, sagte ich einfach:
„Fish.“ Und nach einer kurzen Pause „sir“.
Beantwortet alle Fragen immer schön mit „sir“, „yes, sir.“ oder „no, sir.“
Das ist ein Zeichen des Respekts und es fühlt sich gut an höflich zu sein.
Der Grenzbeamte reichte mir wortlos meinen Pass zurück und ich bedankte mich mit „Thank you, sir.“ und ging vorbei an der Grenzkontrolle ins Terminal.
Ich war überrascht und unendlich erleichtert. Nach diesem ätzend langen Flug war ich endlich in Amerika angekommen und hatte so schnell die Grenzkontrolle hinter mir, vor der ich mich gefürchtet hatte. Nichts anderes als meinen Pass hatte ich vorzeigen müssen.
Beim Luggage-Bereich schnappte ich mir meinen Koffer und ging ins Terminal. Dort sah ich mich um und ehe ich mich versah, rannte meine Freundin mit ihrem Vater auf mich zu.
Wir umarmten einander herzlich und ich merkte, wie meine Übelkeit wich.
Staunend sah ich mich um und folgte meiner Freundin und ihrem Vater hinaus auf den Parkplatz. Ich war überrascht, dass ich jetzt schon die ganze Reise hinter mir hatte, wie schnell ich durch die Kontrolle gegangen war und, dass ich jetzt schon in Amerika war.
Ich war da. Mein Wunsch hatte sich erfüllt.
Ich war so überrascht, wie einfach das alles jetzt im Rückblick erschien und folgte meiner Freundin und ihrem Vater zum Auto und wir fuhren los.
Hinein nach Georgia, in die Vereinigten Staaten und ich war endlich angekommen!