Wie ich zum Camp kam

Wie ich zum Camp kam

26. Oktober 2022 Allgemein Alltägliches 0

Ich habe zwei Berichte über das Camp geschrieben: Einmal die Wasserfälle und beim zweiten Mal, warum es sich lohnt früh aufzustehen. Letzteres mache ich übrigens jeden Tag, da der Schulbus um 7:25 Uhr vor der Haustür hält und ich daher um 6:30 Uhr aufstehe, um rechtzeitig einsteigen zu können. Außer dem Schulbus, von denen jeder bestimmte Schüler an ihren Häusern aufgabelt und nur bis zur Schule und wieder zurück nach Hause fährt, gibt es keine öffentliche Verkehrsmittel. Nur das Auto. Aber darüber schrieb ich bereits. Jetzt möchte ich, damit es nicht zur Verwirrung kommt, schreiben, wie wir überhaupt zum Camp gekommen sind.

Da die Mutter meiner Gastmutter erfahren hatte, dass ich Geige spielte, brachte sie ihre Geige, die mir glücklicherweise perfekt passt bei uns vorbei, damit ich sie spielen könnte. Allerdings war sie schrecklich verstimmt und die Wirbel ließen sich nicht drehen. Bei meinem Versuch sie zu stimmen, rissen erst die A- und anschließend die E-Saite. Freundlicherweise kaufte meine „Gastgroßmutter“ neue Saiten und Wirbelseife, doch sie schmierte zu viel Wirbelseife darauf und als ich dann die Saiten neu bezog war diesmal das Problem, dass die Wirbel zu fest saßen, sondern, dass sie zu locker waren und sich immer wieder drehten.

Am Freitag, einen Tag nach meinem Geburtstag, bereitete ich mich auf eine Woche im Camp Bonclarken vor. Mit meiner Gastfamilie würde ich, wie sie es auch fast jedes Jahr zuvor in der Herbstferien-Woche getan hatten, nach North Carolina auf eine presbyterianische Ferienanlage mit einem See, einer großen Wiese, einem Waldstück, einer Kirche und einem richtigen Ferienhäuser-Dorf fahren und dort fünf Tage bleiben.
Am Freitag würden wir zurückfahren und wie jeden Freitag bei einem Kleingruppen-Treffen der Gemeinde, in die meine Gastfamilie ging, teilnehmen.
So ein Kleingruppen-Treffen war, wenn es nicht bei uns stattfand, eigentlich ganz schön.
Bei drei anderen Häusern war ich schon gewesen, hatte nette Familien kennengelernt, gutes Essen und gute Gespräche gehabt – eine Familie hatte sogar einen Whirlpool, einen Billardtisch (den ich mit einigen Männern benutzte) und einen riesigen Fernseher mit VR-Brille, Musikanlage, etc.

Nachdem ich also am Freitag alles gepackt hatte, packten wir am Montag das Auto voll, oder eher, wir stopften es voll, denn am Ende saß ich ganz hinten auf einem Sitz, meine Beine zwischen meinen und den vorderen Sitz geklemmt und links von mir türmten sich Klamotten, Decken, Proviant und was weiß ich noch alles.
Nach 45 Minuten hielten wir an einem Instrumente-Laden und ich brauchte erstmal eine Weile meine Geige unter dem Haufen Zeug hervorzuziehen und anschließend noch eine Weile um mich aus meinem Sitz aufzustehen, zwischen den vorderen Sitzen hindurchzuzwängen und aus dem Auto hinaus ins freie zu quälen. Aber nachdem ich das geschafft hatte, gingen meine Gastmutter und ich in den Laden, wo sie der Frau an der Theke unser Problem erklärte.
War ein ziemlich peinliches Gefühl daneben zu stehen und keinen blassen Schimmer zu haben, wie all diese Geigenbegriffe auf Englisch lauten, obwohl man sie auf Deutsch sehr wohl kennt und schon seit mehr als zehn Jahren Geige spielt.
Aber schließlich zog uns die freundliche Frau neue Saiten auf und stimmte die Geige für uns – obwohl ich sie die ganzen fünf Tage in North Carolina nicht benutzte.
Dann schauten wir uns noch eine Weile in dem Laden um, ich entdeckte weitere schöne Geigen und hässliche E-Geigen, ein Kontrabass, einige Cellos und ein paar Bratschen.
Notenhefte gab es selbstverständlich auch und im Hintergrund spielte eine Musikanlage alle möglichen bekannten Filmmusik-Stücke.

Zurück im Auto fuhren wir eine Weile und hielten dann bei Wendy’s, wo ich mir einen großen Soda-Drink gönnte und dazu ein $5-meal.
Schließlich ging es über den Highway nach North Carolina und wir fuhren eine ganze Weile durch Wald bis wir schließlich zum Camp Bonclarken kamen, wo wir von einer großen Hündin namens Bailey begrüßt wurden. Wir bezogen den sogenannten „Keller“ eines Hauses, das einem freundlichen Ehepaar gehörte, doch dieser Keller war eigentlich nur die Rückseite des Hauses mit einer lichtdurchfluteten Veranda, einer kleinen Küche, deren linker und rechter Gang von einem Badezimmer (mit zwei Türen) in der Mitte zu einem gemütlichen Zimmer mit Ehebett führte.
Eine Tür rechts vom Badezimmer führte hinauf zur Vorderseite und dem Erdgeschoss des Hauses (fragt mich nicht, wie das konstruiert wurde).
Ich richtete es mir in der Küche ein, denn die besaß auch einen Schreibtisch und ein ausklappbares Sofa, das sich als recht groß und gemütlich erwies.
Nachdem wir alles ausgepackt hatten, nahm meine Gastmutter das Golfkart des Ehepaares und Bailey, die sich zwischen uns auf den Sitz setzte und sie fuhr mit mir hinunter zum See, zeigte mir die große Fußballwiese, die Sommer-Seilbahn, das offizielle Hotel, das einen wunderschönen Turm hat, die Kirche und die mehreren kleinen waldbewachsenen Wiesen mit Bänken und Tischen.
Das ganze Camp machte einen friedlichen Eindruck und es wirkte nicht einsam, obwohl niemand in den Häusern wohnte, da die nur über die Ferien benutzt wurden, die von County zu County unterschiedlich sind.

Als meine Gastschwestern herausfanden, dass der Fernseher im Veranda-Zimmer, das große Fenster aus durchsichtigem Stoff besitzt, weshalb es nachts sehr kalt wird (und trotzdem hat meine Gastschwester da vier Nächte lang geschlafen), Netflix hat, baten sie ihre Mutter sich „A series of unfortunate events“ anschauen zu dürfen und das baten sie jedes Mal, sobald es abends war oder sie nichts zu tun hatten. Meine Gastschwester hatte die Bücher durchgelesen und wollte die Serie unbedingt schauen.
Ich selbst fand kein Gefallen daran und lag währenddessen auf meinem Bett, las in meiner Bibel oder im „Green Ember“. Dieses Buch las ich anschließend auch jeden darauffolgenden Abend meinen Gastgeschwistern vor, die sich in den Sessel oder in mein Bett kuschelten und zuhörten.

So, nun wisst ihr, wie ich zum Camp kam.
Die andere Geschichte mit dem Wasserfall erzähle ich euch ein andern Mal.

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