Das Gefühl festzustecken

Das Gefühl festzustecken

21. Juni 2023 Allgemein Alltägliches 0

Wenn man in einem Dorf lebt, wo die Häuser mindestens 500 Meter voneinander entfernt sind, es nur eine Tankstelle, eine Kirche und drei Straßen gibt, das nächste Dorf 4 Meilen weit weg ist und dazwischen nur Wald und Feld liegen, kommt man sich wirklich abgeschnitten vor.
Wenn es in diesem Dorf nur einen Bürgersteig gibt, man zu Fuß nirgendwo hin kann als zu einem „Dollar General“ und man für alles ein Auto braucht, kommt man sich wirklich abgeschnitten vor.
Wenn man morgens früh vom Schulbus zur Schule gefahren wird, dort 7 1/2 Stunden verbringt, jeden Tag dieselben Fächer hat, nach der Schule nur nach Hause  und mit niemandem etwas unternehmen kann, kommt man sich wirklich abgeschnitten vor.
Wenn man selbst nicht Auto fahren kann, niemand irgendwohin fahren wird, außer zu „Dollar General“ und die nächste Einkaufsstraße 11 Meilen entfernt ist, kommt man sich wirklich abgeschnitten vor.

Ein Freund meines Vaters, der in Oregon lebt, hatte mich zu seiner Familie eingeladen, doch das Geld reicht nicht. Ich kann es mir nicht leisten. Er wohnt in einer Großstadt, würde mit mir nach California rüberfahren und mir alles Mögliche zeigen, doch das Geld reicht nicht.
Ich kann mir keinen Flug dorthin leisten.

Heute haben wir Personal Finance den Film „Home“ geguckt.
Hauptsächlich habe ich im Internet YouTube-Videos über „The Chosen“ geschaut.
Ein Chromebook bekommt man von der Schule ausgestellt mit dem man fast alles machen kann.
Nur Apps runterladen oder auf deren Websites gehen nicht.
Wieder Zuhause habe ich einen ausgedehnten Spaziergang gemacht und anschließend das Mittagessen verpasst, weil ich mir die Füße gewaschen habe.
Um 5 fuhren wir zum Fußballspiel meines Gastbruders. Die gegnerische Mannschaft gewann 2 zu 0.
Schon wieder!

Ich wünsche mir wirklich, wir wären länger in Camp Bonclarken gewesen. Es war so einfach, friedlich, schön, entspannt und aufregend zugleich, als wir dort waren, lange Wanderungen zum Wasserfall und zu einer Apfelfarm machten, wo man Apple-Donuts und alles, was mit Apple anfängt, essen konnte, wo es Pfauen, Kaninchen, Hühner und Ziegen gab, wo man Zielscheiben mit Apfelkanonen abschießen konnte und wo es einen See mit einem Bambuslabyrinth gab.
Zudem konnte man über die Apfel-Plantage gehen und von mehreren Stützpunkten aus die Blue-Ridge-Mountains sehen und die Apfel-Plantage überblicken konnte.
Jeden Abend las ich den Kids aus „Green Ember“ vor, während wir uns ins Bett kuschelten, und jeden Morgen schauten wir der Sonne beim aufgehen zu und ich machte einen Spaziergang über das Grundstück oder runter zum See.

In der Schule bin ich nur, weil es nichts anderes zu tun gibt.
Mein Gastbruder ist zwar ganz nett, wir sitzen beim Mittagessen zusammen in der Cafeteria, aber ich habe nicht viel zu reden, lasse den Schultag an mir vorüberziehen.
Der einzige Lichtblick ist PE, wo ich heute, wie ich stolz berichten kann, hundert Mal 90 Pfund (das sind ca. 45 kg) mit meinen Füßen hob. Auch drückte ich im Liegen 90 Pfund 10 mal 3 in die Höhe und hielt eine Plank für 1 Minute. Sport macht mir am meisten Spaß und wir haben mit unserem Lehrer einen Line-Dance erfunden, den wir morgen in Sport fortführen. Passend zu den Schritten, zieht sich jede ein Country-Kostüm an.

Es ist Homecoming-Woche.
Gestern war Athlet vs Mathlet – die meisten kamen als Athlet, ich sah einen Mathlet.
Heute war Twin-Twosday (ich weiß, wie man Tuesday schreibt, das ist Absicht) – ich sah einige Zwillingspaare, was die Kleidung antraf.
Morgen ist Country vs. Country Club, bzw. Redneck vs. Country Club.
Ein Redneck ist hier im Süden eine Bezeichnung für jemanden, der gern landwirtschaftlich tätig ist, jagen geht, sich gut in der Wildnis auskennt, usw.

Habe hier auch ein paar Flaggen gesehen, die rot sind mit zwei überkreuzten blauen Streifen und weißen Sternen. Als ich meine Klassenkameradin darauf ansprach, erzählte sie, dass sei die Flagge für Ku-Klux-Klan-Supporter und Menschen, die für die Ausgrenzung von Andersfarbigen sind.
Ich war überrascht, daraufhin erwiderte sie: „We’re in the South. What did you expect?“
Sie erzählte, dass die Schwarzen hier immer noch in ihren eigenen Gruppen leben, sogar auf eigene Schulen gehen und in eigene Kirchen. Nicht, dass sie müssten, aber die Schulen und Kirchen sind meistens näher bei ihnen gebaut oder sogar in ihrem Dorf.
Generell leben hier die Schwarzen auf dem Land in einstöckigen, länglichen Baukasten-ähnlichen Gebäuden, die aussehen als wären es Bauwagen, nur in eintönig und grau.

Obwohl ich Bonclarken vermisse, bin ich echt froh, dass ich so eine schöne Zeit dort hatte, wenn sie auch kurz war. Ich bete und bin dankbar, hoffe darauf, dass Jesus mir noch einige schöne Erlebnisse schenkt. Habe mir meine Zeit in Amerika irgendwie spannender vorgestellt.
Gehe jetzt schlafen, Gute Nacht.

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